Eine Kiste voller Erinnerungen ist mir in die Hände gefallen. Es sind nicht meine Erinnerungen. Es ist nicht mal meine Kiste. Es ist, was es ist, ein Zufallsfund. Vollgepackt ist sie mit Briefen, Fotos, Versprechungen. Worte, nicht für meine Augen bestimmte und doch in meinen Besitz gelangt. Schwüre, nicht an mich gerichtet und mir doch feierlich beteuert. Die Seiten der Briefe sind vergilbt, ein wenig brüchig, über 40 Jahre alt. Die Fotografien schwarz-weiß. Und doch ist das Feuer in den fremden Augen der jungen, unbekannten Frauen, die mich ernst anblicken, erkennbar. „Nachdem ich nun nach allem menschlichen Ermessen alles getan habe, mich wohl zu fühlen (im geheizten Zimmer, Kerzenlicht, Tee mit Zitrone, Zigaretten) will ich diesen Abend mit Dir auf diesem Weg verbringen!“ Verbackfischte Romantik, in den Rauch der 70er-Jahre gehüllt. Unterschrieben sind die Briefe von Anna, der Raucherin. Luise, der Resoluten, die sich mit einem geliehenen BMW nach Italien aufmacht. „Wünsch mir Glück, vielleicht treffe ich ein Abenteuer!“. Und von Brigitte, die zur gleichen Jahreszeit des gleichen Jahres ihre Liebensbekundungen per Post auf den Weg schickte. Der Empfänger dieser Briefe ist der Besitzer der Kiste. Warum sie ihm abhanden gekommen ist, weiß ich nicht. Wer er war, weiß ich auch nicht, doch ist das Bild, das die Briefe zeichnen, erheiternd. Was es damals vermutlich überhaupt nicht war, zumindest nicht für das (unwissentlich) traurige Trio. Denn so wie es scheint, glaubten sie sich alle in der alleinigen Gunst des württembergischen Don Juan. Doch wer weiß, vielleicht gab es ja noch eine Vierte im Bunde? Eine, die keine Briefe schreiben musste, weil sie sich Ihrer und Seiner sicher war. Eine steile These, aber mehr ist ja bekanntlich mehr und ein Seemann hat ja auch in jedem Hafen einen Koffer stehen. Es war zu jener Zeit vermutlich einfach, was es war, zumindest sagten Vernunft, Liebe und Erich Fried das. Und doch ist es vor allem ein Rätsel, das ich wohl niemals lösen werde. Genauso wie das Rätsel, das sich hinter der Vermählung von Butter, Eiern und Zucker verbirgt. Wobei ich in diesem Fall eine Ausnahme mache und statt roter Rosen zartgrünen Rhabarber regnen lasse. Entgegen jeder Vernunft und auf die Liebe.
Für einen Rhabarberkuchen braucht Ihr:
Nach einem Rezept von P. Bocuse, für eine Form von 22 cm Durchmesser
- 250 g Mehl
- 130 g weiche Butter
- 1 EL Milch
- 100 g Zucker
- 1 Ei
- 1 Prise Salz
- 450 g Rhabarber, geschält und in 5 cm große Teile geschnitten
- 1 EL Butter
- 60 g Löffelbisquit, zerbröselt
- 100 g Zucker
- 1 Ei zum Bestreichen, verquirlt
Verknetet Mehl, Butter, Milch 100 g Zucker, Ei und eine Prise Salz zu einem homogenen Teig. Formt den Teig zu einer Kugel. Stellt die Teigkugel für 30 Minuten kühl.
Nehmt den Teig aus dem Kühlschrank und knetet ihn auf einer bemehlten Arbeitsfläche gut durch.
Heizt den Backofen auf 220°C vor.
Teilt den Teig in eine 1/3 und eine 2/3 großen Teigkugel.
Rollt beide Teigkugel dünn aus.
Buttert die Kuchenform und legt sie mit dem 2/3-großen Teil des Teiges aus.
Erhitzt 1 EL Butter in einer kleinen Pfanne und rührt die Bisquitbrösel und den Zucker unter.
Verteilt die Hälfte der Zucker-Brösel auf dem Teigboden.
Gebt den Rhabarber in die Kuchenform und verteilt die zweite Hälfte der Zucker-Brösel auf dem Rhabarber.
Legt den ausgerollten zweiten Teigteil mit Hilfe des Wellholzes vorsichtig auf den Kuchen. Schneidet den überstehenden Teigrand vorsichtig ab.
Bestreicht den Kuchen mit dem verquirlten Ei und backt ihn für etwa 25 Minuten.
Monsieur Bocuse empfahl, den Kuchen lauwarm und mit einem Glas betont fruchtigem Weißwein zu genießen. Ob ihr das auch tun möchtet, überlasse ich Euch, der Kuchen schmeckt auch mit einem großen Klecks Sahne ganz wunderbar.
Und wenn ihr auf der Suche nach mehr Rhabarberkuchen-Rezepten seid, dann schaut Euch diese Rezepte an: Rhabarber-Tarte mit Baiser-Haube, Chiffon-Cake mit geröstetem Rhabarber, Rhabarber-Honig-Gugl oder Rhabarber-Galette mit Anis.
Habt einen schönen Sonntag!
Julia
Genau so eine Kiste vermisse ich noch ;-) darin waren gesammelte Schätze und Briefe, die ich zu gerne noch hätte.
Unter anderem ein Liebesbrief, der auf einem C64 geschrieben wurde, hehe.
Danke für die netten Erinnerungen, denn die kann mir keiner nehmen.
Und das Rhabarberbild ist wunderschön <3
Liebe Britta,
immerhin verfügen wir noch über solche Kisten, stell Dir doch nur vor wie es wäre, wenn wir später nur noch vor unseren alten Telefonen und Smartphones sitzen würden, für die wir keine Ladekabel mehr haben ;)
Liebe Grüße <3
Julia
Die Rhabarbersaison ist bei mir eingeläutet und dein Rhabarberkuchen liest sich sehr gut und sieht wunderschön aus – für uns auf jeden Fall lieber mit Sahne als mit Wein – und das Rhabarberbild hat mich auch sofort magisch angezogen. So grafisch, so schön. Rhabarberrhabarberrhabarber… Liebe Grüße von Hannah
Liebe Hannah,
ich bin auch eher für Sahne als für Wein, zumal es bei den Temperaturen schon ganz schön anstrengend wäre, mittags mit einem Gläschen Wein anzustoßen!
Liebe Grüße!
Julia
Der Kuchen ist ja ein Traum (kein Grund für Back-Mimimi! ;-), hier kann es gerade nicht genug Rhabarber geben! Aber auf die Idee, Kuchen und Wein zu kombinieren, bin ich bisher ja nicht gekommen. Wie dumm von mir, Herr Bocuse hat sicher recht! :-)
Liebe Grüße
Sabrina
Sabrina, wir sollten die Institution des Kaffee und Kuchens einfach in Wein und Kuchen umbenennen und schon haben wir ein feines Upgrade dieser Tradition ;)
Liebe Grüße!
Julia