Brotbacken für Anfänger: Sauerteigbrot

Sauerteigbrot | chestnutandsage.de

Heiß oder kalt? Im Moment wechseln sich die Temperaturen und mit ihnen die Stimmungen ab, mal im Schritt, und, nun, wie man sagt, mal im Trab. Was gestern noch gut und lieb war, kann heute schon – aber so was von – vorbei sein. So ungefähr ergeht es mir auch mit meinen Broten. Erinnert Ihr Euch noch am mein erstes? Das „schnelle“ Sauerteigbrot? Heute weiß ich wie absurd diese Annahme war, innerhalb weniger Stunden ein fertiges und gutes Sauerteigbrot anschneiden zu können. Denn Schnelligkeit und Brotbacken – diese zwei Begriffe gehen einfach nicht zusammen. Ein gutes Brot braucht Zeit, es will gehegt und gepflegt in Ruhe gelassen werden, geknetet, gegärt, gestürzt, bedampft, heiß gebacken und dann vollständig abgekühlt werden.

‚A loaf of bread,‘ the Walrus said, ‚is what we chiefly need: Pepper and vinegar besides are very good indeed.‘
~ L. Carroll

Warum der Aufwand, fragt Ihr Euch? Weil es sich lohnt. Weil jede Minute des Wartens, des Knetens und des Wargelns belohnt wird mit Geschmack, einer saftigen Krume, einer krachenden Kruste und mit dem guten Wissen, dass weder Backmischung, Geschmacksverstärker noch Zusatzstoffe den Weg in dieses liebste Lebensmittel gefunden haben. Und wenn Ihr genau so viel Freude an frischem Brot habt wie ich, dann ist dieses hier genau richtig um nur mit ein bisschen Butter und knackigem, sanft-würzigem frischem Rettich belegt zu werden. Ein wenig Salz dazu, ein wenig Grün darüber, schnell eingepackt und raus in das schöne Leben.

Sauerteigbrot mit Rettich | chestnutandsage.de

Bevor wir beginnen: Ihr werdet etwa 30 Stunden brauchen, bevor Ihr das Brot anschneiden könnt. Die meiste Zeit besteht aber aus Warten, lasst Euch also nicht von dieser Zeitangabe abschrecken! Das Anstellgut und das Rezept habe ich von meiner lieben Ylva, einem Brotback-Profi, die mir durch langes Zureden und Ermutigen die Angst vor dem Sauerteig genommen hat.

Für den Sauerteig braucht Ihr:

  • 18 g Anstellgut aus dem Kühlschrank*
  • 175 g Roggenmehl
  • 175 g Wasser

*Ihr könnt hier übrigens auch einen gekauften Natursauerteig verwenden und müsst ihn nicht selber ansetzen und füttern. Wenn Ihr das aber machen wollt, findet Ihr bei Ilka eine tolle Anleitungen dazu.

Für das Poolish braucht Ihr:

  • 175 g Weizenmehl (550er oder 1050er)
  • 175 g Wasser
  • 1 Stück Hefe, so groß wie 2 Reiskörner oder 1 Prise Trockenhefe

Für den Hauptteig braucht Ihr:

  • 60 g Dinkelmehl
  • 175 g Roggenmehl
  • 12 g Salz
  • jeweils 1/2 TL Fenchelsamen und Koriandersamen (optional)

Am Vortag:
Vermischt die Zutaten des Sauerteigs miteinander. Vermischt die Zutaten des Poolish miteinander.  Deckt die Schüsseln mit Folie ab und lasst den Teig und das Poolish etwa 22 Stunden bei Raumtemperatur gehen.

Am Backtag:
Nehmt 1-2 gute TL vom Sauerteig ab und füllt diese in ein Weckglas oder ein Schraubglas und gebt ihn zurück in den Kühlschrank. Den braucht Ihr für Euer nächstes Brot!

Vermischt den Sauerteig, das Poolish und die Zutaten des Hauptteigs miteinander. Knetet diesen Teig in einer Küchenmaschine für 5 Minuten langsam, dann 5 Minuten eine Stufe schneller.
Lasst den Teig nun 90 Minuten abgedeckt gehen. Knetet den Teig dann leicht und formt  ihn dann entweder zu einer Kugel oder länglich – je nachdem, was Ihr für ein Gärkörbchen habt. Gebt den Teig jetzt in ein mit Reismehl bemehltes Gärkörbchen und lasst ihn dort nochmals ein bis vier Stunden gehen.**
Heizt den Backofen auf 250°C Ober-/Unterhitze vor. Stellt dabei eine feuerfeste Form auf den Boden des Ofens, die mit etwa 1/2 Liter Wasser gefüllt ist. Lasst das Backblech auf dem Ihr das Brot backen möchtet im Ofen.
Kippt das Brot aus dem Gärkörbchen auf ein großes Brett auf dem ein Bogen Backpapier liegt. Wenn der Ofen die Temperatur erreicht hat, schiebt das Brot auf das heiße Blech im Ofen. Lasst das Brot für 10 Minuten backen. Öffnet dann die Türe und nehmt die Wasserschüssel aus dem Ofen.
Schaltet die Temperatur auf 190°C herunter und backt das Brot für weitere 45 Minuten fertig.

**Warum dieser Zeitunterschied? Wenn ihr das Brot zu früh in den Ofen schiebt, reißt es wie ein Atompilz auf, weil die Hefe- und Sauerteigbakterien noch zu aktiv sind. Das wollen wir ja nicht. Macht deshalb unbedingt den „Fingerabrducktest“ um zu prüfen, ob das Brot schon bereit für den Ofen ist. Und um Euch zu beruhigen: Ich habe auch noch kein Sauerteigbrot ohne Risse gebacken…

Nehmt das Brot aus dem Ofen und lasst es auf einem Gitter abkühlen bevor Ihr es anschneidet.

Lasst es Euch gut gehen!
Liebe Grüße,
Julia

…. und falls Ihr immer noch nicht genug vom Brotbacken habt, hier gibt es noch ein schönes Video, dass Euch noch mehr Lust auf das eigene Brot machen soll.

  1. das sieht einfach super aus. ich freue mich wirklich so sehr, dass immer mehr leute tatsächlich anfangen brot selbst zu backen und auch dabei bleiben!

    • Danke liebe Ina, ich freu mich sehr, dass Dir das Brot gefällt :) Ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass ich dabei geblieben bin, denn Brotbacken macht einfach Spaß. Mittlerweile backe ich auch nicht mehr nur einen Laib, sondern gleich mehrere, die dann in die Kühltruhe wandern…

    • Hach, liebe Ina, ich bin auch so unglaublich froh, dass Du mich damals so sehr damit angesteckt hast. Es geht einfach nix über das selber Brot backen. Und ich schließe mich hier gerne an: das Brot sieht so lecker aus!

  2. Das klingt aber gut! Muss ich unbedingt auch ausprobieren. Danke für die nette Anregung.
    Eine Frage habe ich: Was ist denn ein Gärkörbchen? Noch nie gehört :)
    LG,
    Andrea

    • Probier das Brot auf jeden Fall aus, liebe Andrea! Es ist so schnell und einfach gemacht und schmeckt einfach gut. Ein Gärkörbchen ist ein Körbchen aus Bambus oder Peddigrohr. Mit diesem Körbchen kannst Du vor allem sehr flüssige oder weiche Brotteige in Form halten, ohne dass sie dir „davon laufen“. Ich hab Dir hier mal einen Link zu Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%A4rkorb
      Das braucht man nicht unbedingt, man kann auch eine Schüssel mit einem Geschirrtuch auslegen und dass dann bemehlen. Aber wenn Du häufiger Brot backst, dann ist so ein Gärkörbchen einfach hilfreich :)
      Liebe Grüße!
      Julia

  3. ja das Brotback-Virus, schön dass du auch dauerhaft angesteckt bist!

    • Na klaro, Ihr alle da draußem im Brotback-Universum habt es mir ja auch wirklich leicht gemacht dabei zu bleiben <3

  4. Liebe Julia,
    Brot backen ist wirklich was feines, und ich freue mich, dass du nicht mehr vor Sauerteig zurückschreckst! Gell, gar nicht so schlimm :-)
    Ich finde es toll, zu wissen was in meinem Brot drin ist, und schmecken tut mans auch. Bei uns gibts heute mal wieder Kartoffelbrot, eines meiner liebsten…
    Liebe Grüße aus Ulm,
    Ilka

    • Nee, ist gar nicht schlimm, Ilka ;) Und das Kartoffelbrot hab ich auch schon bestaunt, aber eins nach dem anderen, ich taste mich langsam in die Brotbäcker-Welt, genügend Mut habe ich jetzt ja!
      Liebe Grüße <3
      Julia

  5. Seit mein Sauerteig-Ansatz den letzten Umzug nicht ueberlebt hat, habe ich nur „schnelle“ Brote mit Hefe gebacken.
    Es wird hoechste Zeit mal wieder einen neuen Sauerteig zu fuettern! Danke fuer die Inspiration!
    xo Eva

    • Gerne, liebe Eva! Das Backen hat auch wirklich Spaß gemacht :) Ich würde Dir ja einen Sauerteig-Starter schicken, aber ob der Zoll das „durchgehen“ lässt?
      Liebe Grüße!
      Julia

  6. Hach, meine liebe Julia!

    Hätte die liebe Simone Dich heute nicht in ihrer Lunch-Liebe gehabt, hätte ich dieses wunderbaren Beitrag gar nicht mitbekommen (irgendwie war die letzten Tage so viel los…) und dabei frevelhaft etwas ganz Wundervolles verpasst! Aber puh – gerade nochmal alles gut gegangen ;)

    Einen wirklich ganz tollen Beitrag hast Du hier zusammen gestellt! Es freut mich so riesig, dass ich Dir die Scheu nehmen konnte und der Günni sich so wohl bei Dir fühlt! Und bei Deinem so wunderschönen Brot hier sieht man mal wieder, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Wenn ich meine ersten Brote anschaue, denke ich auch immer „ohje…“ aber das Dranbleiben lohnt sich und am Schluss ist man süchtig danach!

    Ein Brot wirklich ganz ohne Risse habe ich auch noch nie gebacken, aber im Prinzip tut’s dem Geschmack ja keinen Abbruch und jedes Brot wird ein kleines bisschen glatter. Und so kann man sich bei skeptischen Blicken („Du backst schon wieder??“) ganz herrlich rausreden: „Ich backe, bis ich es perfekt kann.“ Und dann musst Du natürlich weiter backen, gell? Nicht, dass man es wieder verlernt ;)

    Hach und zum Abschluss noch kurz: Wie schön, dass jemand noch Alice im Wunderland zitiert! Und wieder so schöne, stimmungsvolle Fotos… hach! Ein neuer Beitrag von Dir ist immer wie ein wenig nach Hause kommen und zum ersten Mal tief Luft zu holen, meine Liebe!

    Ich drück Dich feste und wünsche Dir noch einen herrlich-sonnigen Frühlings-Sonntag!
    Ylva

    • Awww, danke Ylva <3 Und ehrlich gesagt geht es mir ganz ähnlich wie Dir: Bei den vielen Blogposts und dem vielen Leben verliere ich gerade auch ein wenig den Überblick... fast so wie im Kühlschrank, denn da stehen jetzt 2 Sauerteigansätze, einmal Günni und einmal Karle, denn der wurde gekauft und jetzt gefüttert. Und dann habe ich noch einen Weizensauerteig der sich aber ganz anders verhält als die aus Roggen, der ist viel flüssiger, mal sehen, ob und wie er sich hält, ich werde berichten ;)
      Liebe Grüße und hab einen wunderbaren Tag heute <3
      Julia

  7. Wie schön, dass sich immer mehr Leute Zeit für Brot nehmen, selbst backen , dabei bleiben und sich von diesem unvergleichlichen Geschmack überzeugen lassen.
    Und ich finde Risse im Brot so schön rustikal, alles eine Frage der persönlichen Vorlieben.

    • Hihi, perfekt ist es wirklich, wenn man diese „Riss – nicht Riss“-Balance haargenau auf den Punkt trifft.

    • Also ich würde ja mal gerne richtig schöne Risse hinkriegen, meine Risse sind eher Bollen oder Hubbel, nicht so schöne rustikale, sondern eher entstellend, was ja zum Glück dem Geschmack keinen Abbruch tut ;)

  8. Familie Schulz

    Zubereitungszeit: 30 Stunden – schön, wenn man solch eine Zeit im Kochbuch liest ;-)
    Wir machen ja sehr vieles selbst, zum Brotbacken hat es aber leider noch nicht gereicht. Auf jeden Fall sieht Dein neues Brot sehr sehr fein aus! Butter drauf – genießen ;-)

    • Na also hör mal, 30 Stunden werden Euch doch wohl nicht abschrecken, Ihr seid doch Kochprofis ;) Mal im ernst: Die Handgriffe brauchen wirklich nur wenig Zeit, sagen wir mal in Summe ungefähr ne Stunde. Und dann heißt es „Geduld“. Ich schau mal nach kürzeren Rezepten, da wird sich wohl was finden lassen ;)
      LG
      Julia

  9. Mhhm, ich frage mich, wie diese schneckenrunde Muster aufs Brot kommt. Ich hab bisher nur ganz simple one-day-breads gebacken, wo der Leib einfach so in den Ofen kommt. Malt bei deiner Sauerteigvariante das Garkörbchen diese Struktur drauf?

    • Ganze genau so, wie Du es sagst, kommt das Muster auf das Brot, Franziska! Der Teig ist ja sehr weich und nimmt dann durch seinen sehr langen Aufenthalt im Gärkörbchen dessen Muster an. Es gibt übrigens auch Gärkörbchen aus Holzschliff, die verschiedene Muster wie Sonnen oder Ährenmuster auf das Brot zaubern können :)

  10. »was gestern noch gut und lieb war, kann heute schon – aber so was von – vorbei sein« – so was von wahr, erst heute wieder erfahren!

    und jetzt sind wir auch noch butterbrotrettischschwestern im geiste – schön : )

    • Es ist, wie es ist. Einmal: Hmpf. Und einmal: <3

  11. Sieht so lecker aus! Machen wir mal Brotzeit mittwochs?! Ich bring den Belag :)

  12. Hallo Julia,

    also: Ich will das auch machen! Aber ich stell mich schon beim lesen etwas doof an. Eine Frage: Wenn ich das Anstellgut also durch gekauften Natursauerteig ersetze, dann brauche ich nicht mehr die 175g Mehl und 175 g Wasser, die unter „Anstellgut“ stehen?
    Und dann hebe ich einfach etwas von diesem gekauften Sauerteig auf und der wird dann zum Anstellgut fürs nächste Mal?
    Irgendwo ist da doch der Denkfehler bei mir…Kannst du mich aufklären?

    Vielen Dank und liebe Grüße
    Franziska

    http://www.howbigarethesmallthings.wordpress.com

    • Liebe Franziska,
      das kriegen wir zusammen hin! Und Du stellst Dich gar nicht doof an, ich hab jetzt auch etwa 1 Jahr gebraucht um hinter die Sache mit dem Sauerteig zu steigen :)

      Wenn Du das Anstellgut, also eine schon vorhandene Sauerteigkultur durch den gekauften ersetzt, brauchst Du das Mehl und das Wasser trotzdem noch, denn daraus machst Du den Sauerteig. Stell Dir den einfach wie einen Vorteig vor. Von diesem Vorteig nimmst Du nach den 22 Stunden ein Löffelchen weg und gibst es in ein sauberes Glas mit Schraubdeckel. Das stellst Du in den Kühlschrank. Das macht man, um nicht immer ein gekauftes Anstellgut verwenden zu müssen oder immer 5 Tage lang eine neues anzusetzen. Wenn Du das Anstellgut im Kühlschrank hast, gibst Du ihm einmal pro Woche 10g Mehl und 10 g Wasser hinzu, rührst alles gut um und lässt es dann über nach bei Raumtemperatur stehen und stellst es dann wieder in den Kühlschrank. Somit „fütterst“ Du das Anstellgut, damit es nicht kaputt geht und Du immer dann, wenn Du Lust hast, ein Brot backen kannst!

      Ich hoffe, ich konnte Dir jetzt ein wenig weiterhelfen? Wenn Du noch Fragen hast: Immer her damit, ich helf Dir wirklich gerne weiter. Und wenn gar nichts mehr hilft, schick ich Dir auch gerne was von meinem Anstellgut, das wär kein Problem!

      Liebe Grüße!
      Julia

    • Vielen Dank Julia! Das habe ich jetzt soweit verstanden :-)
      Ich berichte dann, wenn ich es ausprobiert habe, wohl spätestens nächste Woche.

      Liebe Grüße und hab eine schöne Woche!

  13. […] und Spontaneität – und keine sterile Labor-Atmosphäre. Wie viel schöner sind da Julias Brote, in denen Herzblut steckt, die aber bestimmt nicht jedes Mal genau gleich aussehen (und womöglich […]

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