Links with Love: Mat & Mi

Schon ihr Name klingt nach nicht enden wollenden Frühlingstagen: Julie de Mey. Unbeschwert, das schöne Leben lebend, dabei nicht immer alles auf die leichte Schulter nehmend, das ist für mich der Blog Mat & Mi, den Julie seit 2010 betreibt. Seit wann ich ihn lese – ich weiß es nicht mehr. Dass ich ihn aber seit vielen Jahre lese, das ist für mich ein Zeichen für einen Lieblingsblog, einen, den ich Euch heute bei Links with Love vorstellen möchte. Julie mag, so schreibt sie selber, Kulinarisches, Fotografiertes und Getüfteltes, Jahreszeitenzettel, Suchen und Sammeln. Kein Firlefanz, keine Tricksereien, keine unnachahmbare Perfektion – das findet man in ihren Bildern ihren besonnenen Texten. Das Süße scheint sie besonders zu lieben, ist sie doch eine der Gründerinnen der >Initiative Sonntagssüß<, in der das Süße aufgegabelt und das Saure, zumindest für einen kleinen sonntäglichen Augenblick, außen vorgelassen werden sollte. Über das Süße würde ich auch gerne mit ihr sprechen, erzählte Julie doch erst vor Kurzem von ihrem Gedankenladen, einer Eisdiele, in der es genau sieben Eissorten geben soll.

[Julia] Dein Gedankenladen ist eine Eisdiele, ein Eckladen mit großen Fenstern. Das finde ich ganz fabelhaft, vor allem, weil es in meiner Stadt keine tolle Eisdiele gibt. Aber warum soll es bei Dir nur sieben Sorten Eis geben?

[Julie] Das hat verschiedene Gründe. Ich mag die Zahl Sieben. Ich denke sieben Eissorten kann man gerade noch nebeneinander in die Theke stellen, damit das Gesamtbild farblich und geschmacklich harmonisch ist. Der Eiskäufer soll sich nicht von zu vielen Optionen überfordert fühlen. Mir geht es um Qualität. Aber keine Sorge, es soll nicht jeden Tag die selben sieben Sorten geben. Auch hier hilft die Begrenzung kreativ und experimentierfreudig zu bleiben und neue Sorten zu kreieren. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass z.B. in der Erdbeerhochsaison auch einfach mal sieben Erdbeervariationen in der Theke stehen. So kommen die Eisliebhaber hoffentlich immer wieder neugierig vorbei! Vielleicht gehe ich sogar gedanklich noch runter auf fünf Sorten pro Tag. Aber die Sieben bleibt mir sympathischer…

© Julie de Mey
© Julie de Mey

Wo lebst Du und was gefällt Dir, oder was fehlt Dir, ganz besonders in Deiner Stadt?

Ich lebe in Wiesbaden. Schon eine ganze lange Weile. In den unterschiedlichsten Lebensphasen habe ich die Stadt und ihre Eigenheiten gemocht aber auch zeitweise ganz schön verflucht. Mir gefallen die alten teils prächtigen Häuser in der Stadt und dass es ganz schön grün ist. Grundsätzlich hat Wiesbaden eine tolle Lage. Taunus und Rheingau sind ganz nah, auch Mainz, Darmstadt und Frankfurt sind nicht weit und wenn einem die Stadt zu eng wird hat man wirklich viele Ausflugsmöglichkeiten. Ich mag es, dass ich von unserer Wohnung zu Fuß sowohl die trubelige und leider nicht wirklich schöne Innenstadt als auch den ruhigen weitläufigen Wald erreichen kann. Die Stadt ist kinderfreundlich, deswegen habe ich aktuell auch wieder ein bisschen Frieden mit ihr geschlossen und entdecke kinderwagenschiebend neue Straßen und Ecken und schöne Details. Wiesbaden ist vom Publikum her keine junge Stadt, trotz Hochschule wirken andere Städte deutlich lebhafter und vielseitiger. Man trifft auf viele verschiedenen Kulturen wenn man mit offenen Augen durch die Gegend läuft. Neue Laden- oder Gastronomiekonzepte haben es oft schwer, das finde ich schade. Die Stadt ist leider zu klein um richtige eigene Viertel gebildet zu haben, es sind eher Wohnviertel als Schlenderviertel, die man z.B. Samstags gerne mal besucht weil dort ein kleiner Markt, ein paar besondere kleine Geschäfte, ein nettes Café und ein guter Bäcker sind. Viele etablierte Fachgeschäfte schließen, das finde ich wirklich schade. Und so eine richtig gute Eisdiele ohne Pülverchen und mit ein wenig mehr Sinn für saisonale natürliche Sorten fehlt mir hier auch noch!

© Julie de Mey
© Julie de Mey

Du teilst auf Deinem Blog seit 2010 Deine schönen Texte und klugen Gedanken. Wie schaffst Du es Deinen Blog seit so langer Zeit zu hegen und zu pflegen?

Ich brauchte erst mal eine ganze Weile um zu merken, dass es in Ordnung ist (für mich selbst und die, die gerne mitlesen), im Blog auch mal länger leise zu sein, wenn das Alltagsleben gerade zu laut ist. Ich musste mein Tempo finden. Anfangs habe ich sehr viel gebloggt und eher drauflos geschrieben. Dann konzentrierte ich mich thematisch eher aufs Kochen und Backen, der rote Faden hilft am Ball zu bleiben und zu fokussieren. Essen ist ein dankbares und vielseitiges Thema. Es ist nicht temporär, man beschäftigt sich mehr oder weniger jeden Tag damit. Man kann Persönliches mit einfließen zu lassen ohne alles auf dem Silbertablett zu servieren. Ich mag meinen Blog. Deswegen will ich ihn nicht ganz verkümmern lassen, passe hier und da ein wenig an und schreibe, wenn mir danach ist und ich die nötige Ruhe dafür habe, immer wieder gerne einen Post.
Ich habe auch durch andere Blogs vieles für Küche und Leben dazugelernt. Ich freue mich über gehaltvolle ungesponsorte Posts mit schönen Bildern und guten Texten in einer angenehmen Leselänge. Ich mag den Austausch, der darüber Zustande kommt und die Freunde die ich übers Bloggen gefunden habe. Leider verlagern sich viele Themen und Fragen in die schnelllebigeren Kanäle wie Instagram und ausführlichere Blogkommentare nehmen ab. Viele Blogger haben sich zurückgezogen, aber es ist wie mit so vielen Bands in
letzter Zeit. Nach einer langen Pause kommt manchmal wieder ein unerwartetes Comeback ;)

© Julie de Mey
© Julie de Mey

Mat&Mi ist voll von Listen und Du schreibst, dass Dein Alltag voll von Ideen sei, die noch gar nicht zu Ende gedacht, viel zu schnell vom Tisch gewischt wurden. Was hast Du denn noch alles vor?

Tja, wenn ich das so genau wüsste. Und genau das ist mein kleines Dilemma. Vielleicht ist es auch einfach eine Anfang-30-Sinnsuche, die mich in letzter Zeit vermehrt stichelt und herausfordert. Hinzu kommt ein ganz neuer Alltag durch meinen kleinen Sohn, dazu gehören auch mehrfach unterbrochene Nächte – seit mehr als einem Jahr. Das schlaucht. Ich hatte mir durch die Elternzeit Klarheit und mehr Umsetzung von Ideen und Zielen erhofft. Aber irgendwie erscheint mir gerade so Manches noch verworrener. Ideen müssen ab und zu einfach in Ruhe reifen. Ein erster hilfreicher Schritt für mich ist es, das zu akzeptieren und mich nicht zu schnell entmutigen zu lassen und einiges nicht sofort oder alleine schaffen zu wollen und zu müssen. Und dann aber auch wenn es passt loszulegen, statt Bedenkenträger zu sein und nicht voran zu kommen. Ich hoffe, dass mir das Umsetzen im Kleinen und Großen noch ein bisschen besser gelingen wird.

© Julie de Mey
© Julie de Mey

Wenn Du auf den April zurückblickst – was hat Dir in diesem Monat am besten gefallen?

Der April ist für mich der Monat der ersten Male. Die erste Kugel Eis, der erste Biergartenbesuch, das erste Balkonabendessen, das erste Mal ohne Jacke raus gehen. Allein das macht ihn schon zu einem guten Monat. Es ist länger hell, die Menschen putzen sich das Wintergrau von Haus und Seele, die Marktstände werden üppiger. Das Aprilwetter kann ein wenig launisch sein, auch das mag ich.
Was mir sonst noch gut im April gefiel:

  • Die vielen netten oft spontanen Unterhaltungen, an die ich mich gerne erinnere, u.a. mit einem Fünfjährigen im Sandkasten über Zähne oder über Fluch und Segen der Direkterzeuger mit der Lammfrau vom Markt. Ich habe darüber sinniert wohin die Reise gehen soll (mit dem Mann) und mich mit einer sehr sympathischen Deckenbesitzerin aus Weimar über die Melancholie ausgetauscht.
  • Die farbenfrohen humorvollen Bilder von Maira Kalman in dem Buch „Essen Sie nichts, was Ihre Großmutter nicht als Essen erkannt hätte“ von Michael Pollan.
  • Die Entdeckung von Onigirazu bei i am a food blog  und missboulette. Da habe ich direkt Lust bekommen, auch welche zu machen.
  • Die Inangriffnahme eines kleinen und im Kern sogar internationalen Gemüseanbauprojekts
  • Die Kostprobe eines herrlichen gerösteten tatarischen Buchweizentees beim gastfreundlichen Vaters einer Freundin, die leider viel zu weit weg wohnt! Den Geschmack des Tees kann ich immer noch auf der Zunge abrufen, wärmend und sehr aromatisch.

Liebe Julie, vielen Dank, dass Du Zeit gefunden hast, meine Fragen zu beantworten!
Euch allen ein schönes Wochenende!
Julia

  1. Liebe Julia, herzlichen Dank, dass ich Gast bei dir sein darf und für die schöne Bilderauswahl, die Erinnerungen ausgelöst hat – merci!

    • Liebe Julie – der Dank und die Freude liegt ganz bei mir <3

  2. gerne gelesen…
    – man erfährt dank solchen Interviews immer noch etwas Unentdecktes (und das, obwohl ich Julie schon sehr lange lese…) !

  3. Als großer Mat-und-Mi-Listenfan und Chestnut&Sage-Gernleser ein Interview, über das ich mich sehr gefreut habe! Besonders der Teil mit dem „unverhofften Comeback“. Ich hoffe, Julie, du behältst damit Recht und ich werde bald lebendes Beispiel sein.

    Julia, ich freue mich auf mehr „Links with Love“!

    Liebe Grüße aus Köln. Isa.

    • Oh Isa, darauf freue ich mich!

    • Liebe Isa, da kann ich mich Julie nur anschließen und Dir sagen, dass ich mich darüber auch sehr freuen würde!
      Liebe Grüße!
      Julia

  4. Danke, liebe Julie, für den Teil vom April, der Freude gemacht hat. <3 Irgendwann möchte ich Dich gern in deinem Eisladen besuchen. Und auch bei 6 Sorten hätte ich Mühe mich zu entscheiden.

    Danke euch beiden für das schöne Interview. LG Annett

  5. […] Foodblog Chestnut & Sage statt. Blogger interviewen ja schon mal gerne andere Blogger. Dieses Gespräch mit Julie über ihre Sicht des Bloggens, Lieblingseissorten und Aprilmomente ist sehr […]

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